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Ketogen?

In einem unserer vorherigen Beiträge haben wir die vegane Diät von Dr. Esselstyn vorgestellt. Heute möchten wir den Fokus auf eine andere Ernährungsweise lenken: die ketogene Diät.

Eine ketogene Diät ist eine sehr fettreiche, kalorien- und eiweißbilanzierte, sehr kohlenhydratarme Ernährungsform, durch welche ein Fastenstoffwechsel imitiert wird. Gesunde Gewebe stellen von Glukoseverwertung auf Fettverwertung um (Kämmerer U, 2014).

Die ketogenen Diäten, wie wir sie heute kennen, haben ihre Wurzeln in der „klassischen“ Keto-Diät von Dr. R. Wilder (Mayo Clinic, 1921). Ursprünglich wurde sie als Therapie gegen Epilepsie entwickelt. Bei dieser strengen Form der Diät stammen 90 % der Kalorien aus Fett, während nur 6 % aus Eiweiß und gerade einmal 4 % aus Kohlenhydraten bezogen werden.

Es gibt verschiedene Abwandlungen dieser Diät, die sich hauptsächlich im Verhältnis der Makronährstoffe unterscheiden. Ein Beispiel ist eine modifizierte Variante, bei der 82 % der Kalorien aus Fett kommen, ergänzt durch 6 % Kohlenhydrate und 12 % Protein. Eine weitere interessante Abwandlung ist die MCT-Oil-Variante, deren Fettanteil neben langkettigen auch mittelkettige Fettsäuren (MCT) enthält. 

Seit etlichen Jahren haben ketogene Diäten als unterstützende Therapie bei verschiedenen Krankheiten, die mit Insulinresistenz oder Entzündungen verbunden sind, an Popularität gewonnen.  Auch in der Krebstherapie gewinnen ketogene Diäten zunehmend an Aufmerksamkeit.

Doch die ketogene Therapie geht über die reine Ernährung hinaus. Nahrungsergänzungsmittel, Flüssigkeitszufuhr und körperliche Aktivität spielen ebenfalls eine Rolle. Menschen mit Verdauungsbeschwerden benötigen oft zusätzliche Unterstützung. Ein zentraler Punkt ist die Überwachung des Ketose-Zustands (Bahr LS, et al., 2018).

Falls Sie mit Hilfe einer ketogenen Diät ein paar Pfunde verlieren möchten, ansonsten aber gesund sind, ist fachmännischer Rat empfehlenswert, im therapeutischen Bereich ist die Expertise von Spezialisten für ketogene Diäten  unerlässlich.

Eine Vielzahl von Veröffentlichungen weisen auf die Vorteile ketogener Diäten hin.  

Eine kürzlich durchgeführte Meta-Analyse von Zhao H. et al. (2022) untersuchte die Auswirkungen von ketogenen Diäten bei Krebspatienten. Die Analyse, die zehn kontrollierte Studien umfasste, zeigte signifikante Auswirkungen der ketogenen Diät auf das Körpergewicht und die Fettmasse der Patienten. Darüber hinaus wurde die Verbesserung der psychischen Gesundheit der Patienten durch mehrere Studien unterstützt.

Ziel der Studie von Kämmerer U et al. (2021) war es, während der Rehabilitationsphase drei verschiedene Diäten (eine Standarddiät/SD, eine kohlenhydratarme Diät/LCD und eine ketogene Diät/KD) bei Brustkrebspatientinnen hinsichtlich Sicherheit, Machbarkeit und messbaren physiologischen und psychologischen Effekten zu testen. Bei allen drei Diäten wurden raffinierter Zucker, Alkohol und stark verarbeitete Lebensmittel vermieden. Sie enthielten größere Mengen an Ballaststoffen und gesunden Pflanzenölen als die durchschnittliche westliche Ernährung.

Sowohl die gut definierte KD als auch die weniger strenge LCD hatten positive Auswirkungen auf die Körperzusammensetzung, die körperliche Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität (Fragebogen) der Brustkrebs-Patienten. Beide wurden als sicher und vorteilhaft während der Rehabilitationsphase beurteilt. Die Standarddiät, die sich an den aktuellen Leitlinien der Ernährungsgesellschaften orientierte, war in Bezug auf die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Körperzusammensetzung unterlegen und erfüllte auch nicht die empfohlene Energie- und Proteinzufuhr für Krebspatienten. 

Angehörige des US-Militärs, die sich in hohem Maße an die ketogene Diät hielten, zeigten eine bemerkenswerte Gewichtsabnahme und Verbesserungen der Körperzusammensetzung, einschließlich des Abbaus von viszeralem Fett, ohne Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit beim Training (LaFountain RA et al., 2019).

Eine ketogene Diät in Kombination mit körperlicher Betätigung verändert die mitochondriale Funktion in der menschlichen Skelettmuskulatur und verbessert gleichzeitig die metabolische Gesundheit. In Verbindung mit einer Gewichtsabnahme wurde eine veränderte mitochondriale Funktion und Effizienz der Skelettmuskulatur beobachtet, ein Effekt, der zum therapeutischen Einsatz ketogener Diäten bei verschiedenen klinischen Erkrankungen beitragen könnte, insbesondere bei solchen, die mit Insulinresistenz einhergehen (Miller VJ et al., 2020).

Mittelkettige Triacylglyceride (MCTs) sind Nahrungsergänzungsmittel, die eine Ketose auslösen können, ohne dass eine traditionelle ketogene Diät oder längeres Fasten erforderlich ist (Lin TY et al., 2021). 

Römer M et al. (2021) schlossen in ihrer Übersichtsarbeit 39 Studien ein, die Diäten mit reduzierter Kohlenhydratzufuhr von Patienten mit verschiedenen Krebsarten beschrieben. 

Ihr Fazit: Die meisten Studien waren von geringer Qualität, die Ergebnisse sehr heterogen. Die Befolgung der Diät war in den meisten Studien eher gering – allerdings hatte die Mehrheit der Patienten einen erheblichen Gewichtsverlust. Sie konnten aber  keine schlüssigen Beweise für eine tumorhemmende Wirkung oder verbessertes Überleben finden.  Es fehlte an klinischen Belegen für die Wirksamkeit einer ketogenen Diät bei den Krebspatienten.

Die Ergebnisse einer systematischen Literaturrecherche sowie eine Handsuche zu Literatur über Ernährungs- und Stoffwechselstörungen bei Tumorpatienten und deren Bewertung durch eine Arbeitsgruppe sowie die Anregungen während der Konsensuskonferenz 2013 führten zu 48 Empfehlungen zur klinischen Ernährung in der Onkologie: S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. (DGEM) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V. (DGHO), der Arbeitsgemeinschaft „Supportive Maßnahmen in der Onkologie, Rehabilitation und Sozialmedizin“ der Deutschen Krebsgesellschaft (ASORS) und der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für klinische Ernährung (AKE) (2015).

Literatur:

https://www.youtube.com/watch?v=gHpCta19yco Dr. Westman

https://www.youtube.com/watch?v=6D-Ax4U2VKw Ketogene Ernährung: Der Schlüssel für Ihre Gesundheit!? mit Prof. Spitz und Mag. Julia Tulipan

https://www.expert-fachmedien.de/media/pdf/Vortrag-Ulrike-K-mmerer.pdf

https://journals.physiology.org/doi/epdf/10.1152/ajpendo.00305.2020  Miller et al.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30877806/ LaFaountain et al.

https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/a-0584-5311.pdf  Bahr LS et al

https://www.dgem.de/sites/default/files/PDFs/Leitlinien/S3-Leitlinien/073-006l_S3_Klin_Ern%C3%A4hrung_in_der_Onkologie_2015-10.pdf

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34888335/ Lin TY et al.

Römer M, Dörfler J, Huebner J. The use of ketogenic diets in cancer patients: a systematic review. Clin Exp Med. 2021 Nov;21(4):501-536. doi: 10.1007/s10238-021-00710-2. Epub 2021 Apr 3. PMID: 33813635; PMCID: PMC8505380.

LaFountain RA, Miller VJ, Barnhart EC, Hyde PN, Crabtree CD, McSwiney FT, Beeler MK, Buga A, Sapper TN, Short JA, Bowling ML, Kraemer WJ, Simonetti OP, Maresh CM, Volek JS. Extended Ketogenic Diet and Physical Training Intervention in Military Personnel. Mil Med. 2019 Oct 1;184(9-10):e538-e547. doi: 10.1093/milmed/usz046. PMID: 30877806.

Vincent J. Miller, Richard A. LaFountain, Emily Barnhart, Teryn S. Sapper, Jay Short, W. David Arnold, Parker N. Hyde, Cristopher D. Crabtree, Madison L. Kackley, William J. Kraemer, Frederick A. Villamena, and Jeff S. Volek A ketogenic diet combined with exercise alters mitochondrial function in human skeletal muscle while improving metabolic health. American Journal of Physiology-Endocrinology and Metabolism 2020 319:6, E995-E1007Lin TY, Liu HW, Hung TM. The Ketogenic Effect of Medium-Chain Triacylglycerides. Front Nutr. 2021 Nov 18;8:747284. doi: 10.3389/fnut.2021.747284. PMID: 34888335; PMCID: PMC8650700.

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